Was wirklich passiert, wenn sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen
*vorgestellt von Christina Prechtl*
„Wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen“ ist eine Redensart, die einen einsamen und abgelegenen Ort bezeichnet, weit entfernt von der Stadt. Einen Ort, wo absolut nichts los ist.
Heute ist da aber was los! Der kleine Hase hat sich nämlich verirrt und findet den Weg in den elterlichen Hasenbau nicht mehr. So sitzt er da und wartet.
Der Fuchs kommt angeschlichen. Statt sich höflich zu begrüßen sperrt er sein großes Maul auf.
Der kleine Hase hat aber keine Angst. Er sagt „Halt! Nicht fressen!“, weist den Fuchs auf diesen bedeutenden Ort hin und verlangt, dass der Fuchs ihm „Gute Nacht“ sagt. Als dieser das getan hat, soll es auch noch eine Gute-Nacht-Geschichte sein. Auch das macht der Fuchs, die Geschichte endet natürlich mit einem gefressenen Hasen. Aber auch das beängstigt den Kleinen nicht. Er möchte nun ins Bett gebracht werden.
Das gefällt dem Fuchs, zuhause warten Mama und Papa Hase, gleich drei mal ein köstlicher Braten. Er nimmt den Kleinen Huckepack und sie erschnüffeln sich den Weg nach Hause.
Die Haseneltern sind nicht daheim, sie sind auf der Suche nach ihrem Kind. Deshalb möchte der kleine Hase nun ein Gute-Nacht-Lied vom Fuchs und die Pfote gehalten bekommen. Der Fuchs trällert und summt, bis er schließlich selbst einschläft.
Die Haseneltern kommen heim und haben sofort Angst vor dem Fuchs, sie wollen ihm eins mit dem Nudelholz überziehen. Doch der Kleine sagt wieder „Halt!“, denn hier ist der Ort, wo sich Hase und Fuchs „Gute Nacht“ sagen, das gilt auch umgekehrt.
Gemeinsam ziehen sie den Fuchs aus dem Hasenbau, sagen ihm „Gute Nacht“ und schlafen zufrieden und mit gut zugenagelter Tür ein.
Das Buch ist fantastisch, wie viele andere Werke von Kathrin Schärer. Es braucht fast mehrere „Durchgänge“ des Lesens um alles zu erfassen, obwohl die Geschichte anfänglich doch so einfach erscheint.
Es ist ein Mutmachbuch. Der kleine Hase hat sich verirrt, bleibt aber trotzdem gut gelaunt und optimistisch. Als der Fuchs ihm sein riesiges Maul mit den vielen Zähnen und dem schrecklichen Mundgeruch zeigt, bleibt er ruhig und besteht unbeirrt darauf, dass dies hier kein Ort des grausamen Fressens ist. Mit dieser kindlich unvoreingenommen Art schafft er es, dass der Fuchs ihn heimbringt und niemand gefressen wird. Ob er das bewusst macht oder wirklich keine Angst vor dem Fuchs hat, bleibt offen.
Ganz toll auch seine Reaktion, als Papa Hase dem Fuchs Schaden zufügen will. Der Fuchs hat ihm nichts getan, also wird dem Fuchs auch nichts getan. Offen bleibt, was der Fuchs nun frisst, wenn er mit knurrendem Magen vor dem Hasenbau aufwachen wird. Ich hoffe, ein paar Him- oder Brombeeren.
Das Buch erinnert mich an an „Ein Schaf fürs Leben“ in dem das Schaf mit seiner Arglosigkeit auch eine Beziehung mit seinem eigentlichen Feind (dem Wolf) aufbaut. Man lernt so den eigentlich „Bösen“ von einer ganz anderen Seite kennen, wobei der Fuchs im Buch von Schärer im Gegensatz zum Wolf sehr wahrscheinlich bis zum Ende sein Vorhaben nicht verworfen hat. Er ist einfach eingeschlafen.
Die Figuren erkennt man auch ohne Text als Figuren von Kathrin Schärer. Die Bildkomposition wirkt collagenhaft. Die Striche teils grob und doch ergibt Farbwahl und Anordnung ein perfektes Fell. Das des Kaninchens etwas feiner, der Fuchs ist struppiger. Mit eindrücklich angsteinflössendem Maul. Es muss aber ein junger Fuchs sein, denn er hat strahlend weiße Zähne. Auch die kleinen Details wie die Härchen im Ohr und die Tasthaare ergeben ein authentisches Gesamtbild.
Ich kann den Mundgeruch des Fuchses ein bisschen riechen.
Minimax Bilderbuch, ab 4 Jahre
Beltz & Gelberg
Jänner 2012
32
https://www.beltz.de/kinderbuch_jugendbuch/produkte/details/7763-wenn-fuchs-und-hase-sich-gute-nacht-sagen.html
Kathrin Schärer