Emilio und das Meer
*vorgestellt von Michaela Pettermann-Kisling*
„Ich denke nicht lange nach und springe einfach hinterher. Kaum bin ich untergetaucht, da wird es ganz still. So still, als hätte jemand die Welt angehalten.“
Wie ein Sprung ins kühle Nass an einem heißen Sommertag fühlt es sich für mich an, wenn ich in diese Geschichte von Emilio, den 7-jährigen Buben, der sich nichts sehnlicher wünscht als Taucher zu werden, versinke.
Die Autorin erzählt meinem Empfinden nach einfühlsam von Emilios Familie, die das seit mehreren Generationen geführte Taucherzentrum schließen und vom Meer wegziehen muss. Sein Traum Taucher zu werden rückt in weite Ferne und bringt viele Fragen und Herausforderungen mit sich.
Einige davon werden klug von Emilios Mutter oder Vater beantwortet und gelöst, und selbst der verstorbene Opa steuert in Rückblicken mit seinen Erzählungen aus früheren Zeiten, die teils eher als Sehmannsgarn bezeichnet werden können, Hinweise bei.
Der stumme Anselmo, ein Dorfbewohner, der nur still dasitzt und dem Plätschern des Meeres lauscht, spielt in seiner zeitlosen Präsenz eine ebenso wichtige Rolle.
Für die steigende Spannung sind noch einige andere Charaktere von Bedeutung, wie der vermeintliche Bösewicht Amedeo Limonta, dessen Tochter Carlotta und Emilios bester Freund Riccardo.
Ein Abenteuer in dreizehn Kapiteln um eine geheimnisvolle Perle – „Die Seele des Meeres“ –, die Rettung von Riccardo und Carlotta, die Wiedergewinnung eines Lebenstraumes und die Erfüllung Emilios größten Wunsches entspinnt sich durch eine reichhaltige Ich-Erzähler-Stimme und machen Lust auf einen intensiven Urlaub am und im Meer.
Ich persönlich finde, dass es der Autorin hervorragend gelingt, sanfte Wellen mit erzählerischem Tiefgang zu zaubern, und der Illustrator schafft es, mich mit seinen farbintensiven, abwechslungsreichen Retro-Stil-Bildern einzufangen und in Emilios Welt zu versenken.
Diese Liebeserklärung ans Meer und seine Bewohner lässt einen aber auch nachdenklich werden und über den Ist-Zustand der Meere reflektieren. Das filigrane Gleichgewicht ist längst aus den Fugen geraten und spiegelt sich in dieser Geschichte in verschiedenen Facetten wider.
Es ist eine dringliche Vehemenz spürbar, dass der Schutz unseres Planeten keine Zeitverschwendung ist bzw. nicht auf unbestimmte Zeit verschoben werden kann.
Die Geschichte nährt auf eine kindgerechte Art das philosophische Verständnis für diese Dringlichkeit ohne die Wärme der Hoffnung aufzugeben.
„Ich habe das Gefühl, schon immer hier gewesen zu sein. Weit entfernt vom Land. Mitten im Nichts. Oder inmitten von Allem. Das kommt auf die Perspektive an.“
Und diese Perspektive zu finden, dazu ist jeder eingeladen…
https://youtu.be/Lf4HCzNIpPY
Coppenrath
2021
19 x 23
96
https://www.coppenrath.de/kinder/buecher/erzaehlendes-kinderbuch/emilio-und-das-meer/
Iacopo Bruno