Eine Welt aus Draht

*vorgestellt von Stefanie Sandhäugl*

Wie praktisch wäre es, alles was man zum Leben braucht aus einem Draht formen zu können? Zum Beispiel einen Regenschirm, ein Fahrrad, einen Stuhl zum Fantasieren und ein Himmelbett zum Träumen, Tiere, die es nicht gibt oder Dinge, die einen zum Lachen bringen. Alexander kann es! Wo immer er auch steht und geht – den Draht hat er immer zur Hand.

Er erlebt die aufregendsten Abenteuer in seiner Welt aus Draht. Er fängt den größten Fisch, zähmt eine gefährliche Drahtschlange und sogar mit Monstern nimmt er es auf. Ein bedrohlicher Drahtosaurus, der aus einem einzigen Stück Draht besteht, baut sich mit all seinen Windungen und Schlingen vor ihm auf und das zweiköpfigen Drahtodil beisst ihm beinahe in den Po. Er wird Zirkusdirektor und lässt einen riesigen Drahtelefanten Kunststücke vorführen und Akrobaten auf dem Seil tanzen tanzen. Wenn er sich alleine fühlt, kann sich Alexander einfach einen Freund formen. Und wenn er einmal nicht weiter weiß, dann biegt er einen weisen Mann, der ihm alle Fragen beantworten kann – „den Meister aller Meister“. Oder ist er das nicht selbst?

Beim erfinderischen Protagonisten handelt es sich um keine Fantasiefigur, die sich der Autor und Illustrator Sieb Posthuma ausgedacht hat. Nein, den Künstler, der ganze Welten aus Draht schaffen konnte, gab es wirklich. „Der Draht von Alexander Calder“ ist eine Hommage an einen US-amerikanischen Bildhauer der Moderne, der auch als Erfinder des Mobiles gilt. Auch diese Erfindung wird neben den Drahtskulpturen am Ende des Buches thematisch aufgegriffen. Typisch für Calders Mobiles sind die Farben Rot, Blau, Gelb und Schwarz, auf die sich auch Posthuma in seiner Illustration reduziert. Faszinierend ist, dass alle Figuren im Buch, bis auf den Künstler Alexander, mit nur einer einzigen Linie gezeichnet wurden – ein Verweis auf Calders Skulpturen und „One-Line-Drawings“.

Sieb Posthuma gelingt es, das komplexe Werk Alexander Calders so darzustellen, dass man von der ersten Seite an verführt ist, in seine Welt einzutauchen und seine Kunst zu begreifen. Und das nicht nur in einem geistigen Sinne – man möchte sofort zu einem Draht greifen, ihn „biegen … ziehen … drehen … zwicken und zwirbeln … wickeln und zusammendrücken …“, um sich eine ganz eigene Welt daraus zu schaffen.

Der Draht von Alexander Calder Book Cover Der Draht von Alexander Calder
E.A. Seemanns Bilderbande
Sieb Posthuma
Seemann Henschel
14.9.2015
21,0 x 25,0 x 0,8 cm
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