Klassiktreffpunkt auf Ö1
*gehört und zusammengefasst von Martina Kasmanhuber*
Ö1 Radiobeitrag live von der BuchMesse Wien, Samstag, 26. November 2022, von 10:00 bis 11.35.
Im Klassiktreffpunkt zu Gast: Ursula Poznanski, Autorin von Spannungsromanen für Jugendliche und Erwachsene
Albert Hosp begrüßt Poznanski zum Interview als Schriftstellerin, die Kinder bezaubert, Jugendliche erschreckt und Erwachsene schockiert.
Zu Beginn erzählt Poznanski, dass ihr Großonkel bereits um 1910 an der Staatsoper statiert hatte und mit seinen Geschichten und Anekdoten die ganze Familie unterhielt. So war es naheliegend, dass auch sie als Studentin Statistin an der Staatsoper wird – was sie im Übrigen ihren Studienabschluss gekostet hat.
Das Schreiben hat sie sich über die vielen Jahre ihrer eigenen Lesebiografie erarbeitet. Abgesehen vom Schreiben von Tagebüchern und Gedichten, beginnt sie als junge Frau eher zufällig über learning by doining in der Medizinjournalistik. Nebenbei erscheint 2003 ihr erstes Bilderbuch Buchstabendschungel im Dachs Verlag.
2010 gelingt mit EREBOS, einem Jugendthriller der große Durchbruch. 2011 erhält Poznanski unter anderem den Deutschen Jugendliteraturpreis.
Bis heute gibt es über 2 Millionen verkaufte Bücher von ihr.
Etliche Pageturner folgen: SHELTER, AQUILA, CRYPTOS, THALAMUS,
ELANUS, SAECULUM, LAYERS, ELERIA Trilogie (Die Verratenen, Die Verschworenen, Die Vernichteten)
STILLE BLUTET ist ihr neuester Erwachsenenroman, wieder ein Spiegelbestseller.
Im Interview offenbart die Schriftstellerin, dass sie das Schreiben als richtiges Arbeiten verrichtet. Täglich nimmt sie sich ein Pensum von 1000 bis 1300 Wörtern vor und wartet nie auf die sogenannte Eingebung. Mit Disziplin kämpft sie sich durch mühsame Stellen, schreibt weiter, kämpft dagegen an, bis sie sich freischwimmt und es ihr wieder leichter von der Hand geht. Dabei handelt es sich um Überleitungsstellen, wo es keine rasend voranschreitende Handlung gibt. Im Nachhinein lassen sich auch diese stockend geschriebenen Stellen reparieren.
So entstehen 2 Bücher pro Jahr.
Sie sei auch keine „Schreibtischschreiberin, sondern eine Couchtischschreiberin“.
Durch das viele Lesen zeitlebens, hat sie sich ihrer Meinung nach das Schreiben richtiggehend erarbeitet, zusätzlich zur Theorie des Schreibens, die sie „3 Akt Modell“ nennt: kurzer Aufbau, längerer Mittelteil, knapper Schluss – wobei ihr ein Happyend, vor allem in der Erwachsenenliteratur nicht zwingend erscheint.
Auch Cliffhanger müssen sich ergeben, organisch passieren – bewusst daraufhin schreibt sie nicht. Außer vielleicht im Vorlesebuch Theo Piratenkönig: Da endet nämlich jedes Kapitel mit dem verheißungsvollen Satz: Was Theo nicht weiß, ist…
Der Autorin ist es wichtig, Bücher zu schreiben, die keine pädagogische Botschaft vermitteln oder gar mit erhobenem Zeigefinger daherkommen. Bereits als Jugendliche hatte sie solche Literatur unangenehm berührt.
Sie wirft lieber Fragen auf, wobei sie selbst dabei auch keine Antworten haben muss.
Poznanski lässt sich während des Schreibprozesses gerne von Musik inspirieren. Oft sind es Filmsoundtracks, die sie als Playlists zusammengestellt hat. (Beispiele: Avatar, Inception, Der letzte Mohikaner, Twin peaks… zu den Klängen von Gladiator ist EREBOS entstanden).
Nachzuhören ist das Interview noch 7 Tage lang in der Radiothek von Ö1 – meines Lieblingssenders, denn er nährt Geschichten und Bilder in meinem Kopf, neben wunderbarer Musikauswahl und hervorragenden Informationsgehalt.
Mein Nachsatz zu Ursula Poznanski: tatsächlich bezaubert sie Kinder, zuletzt mit Clara sammelt, illustriert von Ina Hattenhauer, ein im G&G Verlag, Edition Nilpferd 2021 erschienenes Bilderbuch über die kreativen Versuche der 7-jährigen Clara ihrer Sammelleidenschaft nachzugehen.