So ein Baum ist superempfindlich!

*vorgestellt von Christina Prechtl*

Eichhörnchen erklärt uns hier Grundlegendes über Bäume: Wie man sich um sie kümmert und wie man auf sie aufpasst. Man kann zum Beispiel mit ihnen sprechen oder in die Rinde flüstern. Wenn man das macht, schenkt einem der Baum manchmal einen Zapfen.

Aber Achtung! Immer nur einen Zapfen nehmen, denn so ein Baum ist superempfindlich!

Ok, ein Zweiter und Dritter geht auch noch. Und noch einer. Und überhaupt, wenn wir schon dabei sind: Besser den Letzten auch gleich. Der Baum hat ja darüber hinaus noch ganz viele Nadeln.

Die schmecken eigentlich auch nicht schlecht.

Aber Achtung! Nicht alle Nadeln essen, der Baum braucht sie und er ist superempfindlich!

Sie schmecken aber so gut. Irgendwie ist es passiert, dass alle Nadeln plötzlich in Eichhörnchens Bauch sind.

Aber nicht so schlimm. Es sind ja noch Zweige da. Und Wurzeln. Und am Ende…

Aber Achtung! So ein Eichhörnchen ist superempfindlich!!

„Nur ein kleines Bisschen“ ist der zweite Teil des Buches „Das ist mein Baum“ von Olivier Tallec. Auch im ersten Teil stellt sich das Eichhörnchen bei einem alltagsrelevanten Thema (Besitz, nicht teilen wollen, Einsamkeit) etwas ungeschickt an. In diesem Teil wird neben Fürsorge, Gier und Rechtfertigung auch unsere Beziehung zur Natur angesprochen: Wir möchten sie alle schützen, wollen dann aber doch essen, heizen, Häuser bauen. So muss auch ab und zu der wunderschönste Baum gefällt werden. So weit so gut. Aber leider: meistens übertreiben es die Menschen. Es wird verbraucht, bis nichts mehr da ist. Und dann? Verstanden wird alles oft erst im Nachhinein.
Und eigentlich verliert auch das Eichhörnchen seinen eigenen Lebensraum durch seine Gier. Es wäre eine Koexistenz zum gegenseitigen Nutzen möglich, genommen wird aber alles.

Die illustrative Darstellung des Protagonisten spricht mich direkt an: Das Eichhörnchen meint alles zutiefst ernst, tritt in Kontakt mit dem/ der LeserIn und ermahnt diese/n, handelt dann anders, rechtfertigt sich so nebenbei und „fadenscheinig“. Durch die Überzeichnung wird das hektische Leben der Eichhörnchen deutlich. Trotz seiner Völlerei bleibt es bis zum Ende dünn wie ein Ast, die Augen sind entweder nervös aufgerissen oder ermahnend streng, immer aber unter Stress.

Die dominanten Farben im Buch sind altrosa, braun, orange und fichtennadelgrün. Stimmungen wie Traurigkeit (als der Baum nadellos ist) oder Panik (wenn das Eichhörnchen flüchtet) werden durch kleine Details verstärkt (aufkommende Wolkenwand, Grashalme neigen sich).  Tallec wechselt zwischen ganzseitigen Bildern und Texten auf der weißen Seite neben den Illustrationen, textlos illustrierten Doppelseiten und mehreren Illustrationen auf einer Seite mit Zeitsprüngen.

Wenn das Eichhörnchen mit uns spricht, ist es so nah an uns Lesenden, dass es fast aus dem Buch fällt – damit auch wirklich jeder versteht (auch der, der da drüben im Eck sitzt) wie ernst es das Eichhörnchen meint!

 

Nur ein kleines Bisschen Book Cover Nur ein kleines Bisschen
Olivier Tallec
Bilderbuch ab 4 Jahren
Gerstenberg
2. Auflage 2021
285,0 mm x 205,0 mm x 8,0 mm
36
https://www.gerstenberg-verlag.de/Kinderbuch/Bilderbuch/Nur-ein-kleines-bisschen.html
Olivier Tallec