Prinzessin Hannibal

*vorgestellt von Astrid Postl*

Prinz Hannibal hat einen Herzenswunsch.

Er möchte nicht länger ein Prinz sein, er möchte lieber eine Prinzessin sein!

Und wer könnte ihm da besser helfen als seine sieben älteren Prinzessinnen-Schwestern Anastasia, Benedikta, Constanza, Dorothea, Eleonora, Feodora und Genoveva, die ja schließlich DIE Expertinnen sein müssten?

Auf Anraten seiner Schwestern begibt er sich nun auf eine (gedankliche) Reise durch verschiedene, uns bekannte Märchen. Mit dem Ergebnis, dass er alle auffindbaren Frösche des Schlossparks küsst, drei Tage lang auf einer Erbse schläft, zur Erkenntnis kommt, dass seine wallende Mähne nicht als Leiter geeignet ist und er auch Zwerge nicht zu seinen Bekannten zählen kann. Auch die Aussicht sich von seiner Ferse zu trennen, um seinen Fuß in einen gläsernen Pantoffel stecken zu können, lockt ihn wenig.

„Langsam schien es Hannibal, als hätten die Ratschläge seiner Schwester allesamt einen Haken. Schließlich konnte sein Herzenswunsch keine Frage irgendwelcher Zwerge, Erbsen, Frösche, Zöpfe oder Pantoffeln sein!“

Zu guter Letzt wendet er sich an Feodora und Genoveva, die ihm mit ihrer weisen Antwort endlich die herbeigesehnte Erleuchtung bringen. Hätte er sie bloß als Erste gefragt …

Hannibal fasst sich ein Herz und einen Entschluss, borgt sieben Utensilien von seinen Schwestern und die Erfüllung seines Wunsches rückt in greifbare Nähe …

Die Entdeckungsreise und die Verwandlung kann beginnen …

„Anderssein“, abweichen von der „Norm“ ist ein Thema, das viele von uns – unabhängig von Alter und Geschlecht – beschäftigt, in unterschiedlichen Variationen und in den verschiedensten Stadien. Zulassen oder anpassen – das ist eine der immer wiederkehrenden, damit verbundenen Fragen, die einen wesentlichen Einfluss auf unsere Identität hat.
Ist Glücklichsein denn überhaupt möglich, wenn wir nicht wir selbst sein und uns so zeigen können wir wir sind, sondern ein Rollenbild übernehmen müssen? Und wer legt diesen Referenzrahmen fest? Wer bewegt sich innerhalb? Wer erweitert den Rahmen?
Das herkömmliche Prinz-Prinzessinnen-Image wurde mit dieser Geschichte durch Hannibals sich Darüberhinwegsetzen und Darüberhinauswagen einmal kräftig aufgerüttelt und Frage gestellt.

Zu den eigenen Herzenswünschen zu stehen verlangt Beherztheit und bisweilen auch Durchhaltevermögen. Das zeigt das Bilderbuch „Prinzessin Hannibal“ in märchenhafter, leichtfüßiger Weise: mit viel Wortwitz und Poesie, vermengt mit humorvollen Verweisen auf altbekannte, durchaus stereotypenbehaftete Märchen, ohne jegliche Wertung und begleitet von collagenartigen Kompositionen, die durch ihre schlichte Darstellung und Anordnung diese Leichtigkeit für mich wundervoll gekonnt illustratorisch verdeutlichen und sogar unterstreichen.
Die Farbauswahl beinhaltet eher gedecktere Töne. Es sind Farben, die mich sehr ansprechen. Die Farbe Grün konnte ich dabei nirgends entdecken.

Eine kleine Randnotiz: Die Namen der königlichen Geschwister sowie die von den Schwestern geliehenen Dinge erinnern mich an das Konzept des ABC-Buches und spielen (vielleicht) mit dieser Idee. Es ist ein weiteres reizendvolles sprachliches Detail, das dieses Buch in meinen Augen besonders macht.

Ich kann daher allen Stimmen, die da schreiben, dass es sich um ein Meisterstück bezüglich der Themen Rollenwechsel, Transgender und Empowerment handle, nur beipflichten und wünsche mir von Herzen, dieses Buch möge durch viele, viele große und kleine Hände gehen.

 

 

Prinzessin Hannibal Book Cover Prinzessin Hannibal
Melanie Laibl
Bilderbuch
°luftschacht
Februar 2017
Hardcover 18,0 * 28,0 cm
32
Michael Roher