Herr Eichhorn und der Mond
*vorgestellt von Veronika Albrecht*
Titel und Umschlagbild verraten ein wesentliches Element der Geschichte sofort: Herr Eichhorn ist nicht etwa ein Eichhörnchen, er ist eine Persönlichkeit. Und als ihm eines Morgens der Mond aufs Dach fällt, erschüttert ihn das bis ins rechtschaffen pochende Nagerherz zutiefst.
Als Meister der Zeichenkunst versteht es Sebastian Meschenmoser, Herrn Eichhorn die Panik regelrecht ins Gesichtchen zu skizzieren: Was, wenn er nun des Diebstahls bezichtigt und eingesperrt wird?
Der Mond muss verschwinden!
Aber der Mond ist groß und das Unterfangen, ihn vom Baum zu schubsen eine wahre Plagerei, die in großartigen Bewegungsstudien des possierlichen Tierchens im Kampf mit dem Riesenobjekt wunderbar dargestellt ist.
Endlich bricht der Ast. Was das Problem allerdings nur verlagert und zwar auf des Igels stacheligen Rücken.
Einmal mehr sehen wir Herrn Eichhorns düstere Visualisierung eines drohenden Gefängnisaufenthalts der vermeintlichen Monddiebe, die natürlich nicht einer gewissen Komik entbehrt. So stellt er sich einen menschlichen Zellengenossen ruhig in seine Stickerei vertieft vor. Kunsthandwerklich tätig scheint der Mann unbeteiligt, aber nicht unzufrieden, während Herrn Gangster-Eichhorn nichts bleibt als die Mini-Gefängnispritsche, eine Bonsai-Toilette und der stumme, leuchtende Vorwurf des Igel-bestückten Mondes am Himmel außerhalb der Gitterstäbe.
Die Szenerie im Wald ist weiterhin hoffnungslos, der Mond steckt fest und dann kommt auch noch der Bock. Will er helfen, oder kann er einfach nicht anders, als den Trabanten auf „sein Gehörn zu spießen“? Los werden kann jedenfalls auch er den Mond nicht so schnell wieder!
Herrn Eichhorns Verzweiflung wächst mit der Dramatik der Geschichte. Denn schließlich sind zwar die Freunde frei und viele Mäuse satt – vom Mond jedoch ist nur noch ein kläglicher Rest am Waldboden übrig. Schlussendlich aber, soviel darf verraten werden, gelingt es in einem finalen Kraftakt doch noch, den Mond wieder an seinen angestammten Platz zu katapultieren. Womit die Ordnung wieder hergestellt sein dürfte!
Was es tatsächlich mit der fetten gelben Scheibe auf sich hat, verraten bereits die Zeichnungen auf dem Vorsatzpapier, um die Titelei herum und auf der ersten Doppelseite. Die sehr sparsam eingesetzte Farbgebung – nur die vermeintlichen Monde und ihre Bewegungslinien sind sattgelb, ansonsten dominiert fein schraffiertes Graphit – unterstreicht dabei die wesentlichen Elemente der Vorgeschichte.
Das Schriftbild in unterschiedlichen Größen („Mond“, „verschwinden“) erzielt visuelle Betonungen an bestimmten Stellen. Auch ist die Schrift direkt auf der Zeichnung platziert, sie verschmilzt mit dem Bild nicht nur auf Freiflächen sondern überdeckt den Strich zum Teil. Eine gestalterische Entscheidung, die durch die skizzenhafte Transparenz der betreffenden Bildbereiche durchaus passend ist und weder den Lesefluss noch die Bildbetrachtung stört.
Der Text nimmt meines Erachtens eine eher kommentierende als erzählende Funktion ein, denn die Bilder schildern die Erzählung ja bereits sehr genau. Die Sprache wird dabei in ihrer Gespreiztheit als humoriges Stilmittel eingesetzt („Eines Morgens erwachte der Bock, weil der Igel, mit dem er am Mond feststeckte, zu bedenken gab, dass der Mond zu stinken begann.“)
Das Buch ist ein Gesamtkunstwerk, das nicht zuletzt zum Nachdenken über unseren treuen, mal mehr mal weniger beleuchteten Himmelsbegleiter anregt.
Nicht auszudenken, würde der wirklich mal runterfallen!
Derzeit gibt es fünf Bände mit „Herr Eichhorn"-Geschichten von Sebastian Meschenmoser
Bilderbuch
Esslinger Verlag
Erstauflage 2006; 6. Auflage 2012
215 x 166 mm
48
Sebastian Meschenmoser
Wenn unverhofft der Mond ins Dach kracht, bringt das gehörig in Zugzwang. Herr Eichhorn sieht sich bereits mit einer Pfote im Kriminal, möchte jedenfalls nichts damit zu tun haben und lässt nichts unversucht, um sauber aus der Angelegenheit rauszukommen!