Butzemann

*vorgestellt von Veronika Albrecht*

Als mir eine liebe Freundin die CD „Butzemann – Die schönsten Kinderlieder“ schenkte, erlebte ich eine Initialzündung. Es war die erste Musik für Kinder in meinem Kontingent und unser Erstgeborenes noch weit davon entfernt, mitsingen zu können. Mich aber nahmen die Kompositionen auf eine Reise in vergangene Zeiten und zu archaischen, früh besetzten Regionen meiner Erinnerungen mit. So bekannt die Texte, so reichhaltig und neu fand ich diese Lieder. Klangvoll.

Musikalben mit Sammlungen der (ein)gängigsten Kinderlieder deutscher Zunge gibt es ja nicht zu wenig, „die schönsten“ beinhalten sie alle irgendwie. Manche dürfen sogar im CD-Player bleiben, wenn man mit jungen Mitfahrern in einen laaangen Stau gerät. Aber nur sehr vereinzelte Perlen schaffen diese Hürde in die adulte Akustikwelt, wenn die Kinder auf der Fahrt gar nicht dabei sind. Für mich gehören hier die „Butzemann“-Interpretationen von Klaus Trabitsch aus dem Jahr 2005 zweifellos dazu.  Unter den 15 Tracks finden sich die Lieder „Spannenlanger Hansel“, „Der Kuckuck und der Esel“, „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“, „Ein Männlein steht im Walde“ und noch ein paar mehr, die man nicht nicht kennen kann, selbst wenn man es glaubt.

Neben Trabitsch singen im Butzemann-Orchester auch Willi Resetarits, Hans Theessink, Prof. Martin Auer, Birgit Denk, Alex Ostmann, Slavko Ninic, Gerald Vltava, Betty S. und W. V. Wizlsperger, begleitet von vielen weiteren namhaften Musikern, die unter anderem mit Saxofon und Ukulele, Glasharfe und Geschirr, Geige, Tuba oder singender Säge die Ohren verzaubern. Man hört, sie hatten Spaß dabei!

Die Musik ist nicht reißerisch und laut, sondern humorvoll, aufgeweckt und unterhaltsam – für Menschen, die zuhören können, Menschen, die wissen was sie wollen und respekt verdienen.
Übrigens Kinder traut keinem, der euch kiddy´s oder Kids nennt!!

http://www.klaus-trabitsch.at/butzemann.htm

 

Rhythm and Blues, Reggae, Ska, Percussion-Einlagen: Musikalisches Können trifft Philosophie in diesen Interpretationen. Wenn zum Beispiel „Backe backe Kuchen“ mit ein paar Extra-Zutaten zu gehobener, nahrhafter Seelenkost wird und endlich mal jemand diesem komischen Safran nachspürt („sollte es ihn etwa überhaupt nicht geben?“).
Mit Charme, bester Laune und dem nötigen Ernst im Witz gelingen die Erzählungen hinter diesen alten Liedern: durch die singende Säge und ein bisschen schauriges Geheule bekommt „Hänsel und Gretel“ die gebührende Dramatik. Der stimmige Rhythmus von „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ lässt die Hörer an der wilden Jagd teilhaben und der Text von „Alle meine Entchen“ bettelt schließlich geradezu um Verballhornung. Da dürfen die Jungvögel im Salat schwimmen, über’s Spiegelei hüpfen, im Spinat landen und „wenn sie einer runterspült, sind sie alle weg“.
Im Rätsellied „Ein Männlein steht im Walde“ schwingt Irish Folk mit und eine Offenbarung: Nein, das Männlein ist kein Fliegenpilz!

Der „Butzemann“ ist historisch eine diffuse Sammelbezeichnung für Wesen, die furchtbare Angst verbreiten. Er wurde mehr und mehr zur Kinderschreckfigur. Erst „in der modernen Fassung des Kinderliedes Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann wird aus der Horrorfigur ein lustig tanzender Zwerg, der gute Kinder mit Äpfeln aus seinem Säcklein beschenkt.“
Der Text wird Jacob Grimm zugeschrieben, ersonnen aus Kindheitserinnerungen. (vergl. Wikipedia)

Dass wir den Butzemann heute allein mit einem schon für die Jüngsten gut tanzbarem Beat verbinden ist doch eine schöne Entwicklung, wie ich finde. Fein auch, wieviel mehr Klaus Trabitsch und Freunde daraus noch gemacht haben!

 

Butzemann - Die schönsten Kinderlieder Book Cover Butzemann - Die schönsten Kinderlieder
Klaus Trabitsch und Freunde
Kinderlieder
GECO Tonwaren, Vertrieb HOANZL
2005
CD
Gesamtlänge ca. 47 Minuten

Eine feine Sammlung ganz besonderer Interpretationen der "schönsten Kinderlieder".