Johanna im Zug
*Vorgestellt von Kathrin Hömstreit*
Eine besondere Geschichte vom Zugfahren…
In diesem Bilderbuch fährt jemand Zug. Aber es ist kein Mensch, der da fährt, es ist ein kleines Schwein namens Johanna.
Das Besondere an diesem Bilderbuch ist die metafiktionale Verschränkung der Geschichte mit der Dokumentation der Entstehung des Bilderbuches.
Bereits am Vorsatzpapier sieht man die Hände der Illustratorin, ihre Arbeitsumgebung und ein leeres Blatt, auf dem sich auf den nächsten Seiten die Geschichte zu entwickeln beginnt.
Der Text beginnt am Titelblatt auf einem karierten Zettel, der neben dem Bildblatt liegt,
so verfolgen wir den Beginn der Geschichte, als sich die Protagonistin, das kleine Schwein, plötzlich einmischt und mit der Zeichnerin spricht…
auf eingefügten halben Blättern zwischen den Doppelseiten formt sich für uns der Charakter des Schweins – bis sich dieses selbstständig auf die Suche nach einem passenden Namen macht.
Hier konzentriert sich die Seitengestaltung auf die Geschichte, die folgenden Doppelseiten sind vollflächig farbig gestaltet und die Arbeitsumgebung ist nicht mehr zu sehen. Nur im Text korrespondiert das Schwein Johanna immer noch mit ihrer Schöpferin. Johanna findet ihren Namen im Gespräch mit der Ziege aus dem Nachbarabteil und hat viel Spaß mit ihrem Spiegelbild, als der Zug in einen Tunnel einfährt.
Erst als Johanna wieder aktiv in die Geschichte eingreift – sie sieht am Bahnhof, dass manche Kleider anhaben und möchte auch ein Hemd tragen – fügt die Illustratorin zu den farbig gehaltenen Geschichtenteilen, teilweise ähnlich wie im Comic in Panels gegliedert – wieder ihre eigenen Hände und ihre Stifte als Bleistiftzeichnungen hinzu.
Nun wird´s spannend, denn auf dem Bahnhof spielen sich dramatische Szenen ab! Da muss Johanna auch mal von ihrer Schöpferin verlangen, noch mal zurückzublättern, damit der kleine Eisbär nicht verloren geht. (Und wer genau schaut, findet etliche intermediale Bezüge zu anderen Bilderbüchern und literarischen Texten, nicht nur der kleine Eisbär und der gestiefelte Kater sind hier vertreten…)
Schließlich wird es dunkel, was neue spannende Entdeckungen möglich macht und dann sieht Johanna in einem vorüberfahrenden Zug ein anderes Schwein!
Aber wie die Geschichte ausgeht, darf hier nicht verraten werden ( hat Johanna gesagt).
Bei aller Komplexität, mit der uns Kathrin Schärer hier herausfordert, erschließt sich die Geschichte um Johanna auch bereits jüngeren Kindern. Für ältere BetrachterInnen ist das Bilderbuch ist eine wahre Schatzkiste zur Besprechung von Produktion und Illustration von Bilderbüchern, selbst Erwachsene finden hier möglicherweise Bezüge zu ihrer eigenen Lesebiografie.
Bilderbuch
Atlantis Verlag
2009
27 x 24 cm