Elternabend im Kindergarten

*Ein Erfahrungsbericht von Ulrike Bergsmann*

Family Literacy- ein Begriff, der überall herumgeistert, wo es um Leseförderung geht. Dabei geht es um die Entwicklung der Fähigkeit, Texte und Textzusammenhänge aller Arten zu verstehen und anwenden zu können. Dies wird  ganz besonders in der Familie gelebt und gefördert . Laut internationalen Studien gilt Family Literacy heute „als Schlüssel zur Lesekompetenz junger Menschen“ (www.familyliteracy.at. –Diese Seite wurde vom BM für Bildung und dem Buchklub gemeinsam erstellt). Das heißt, dass die Familie den wichtigsten Beitrag zur Lesesozialisation eines Kindes leistet. Wer sich weiter durch den Dschungel der Internetseiten zu diesem Thema wühlt, findet eine Reihe von Projekten im In-und Ausland, in denen versucht wird, die Lesekompetenz von Kindern innerhalb der Familie zu fördern.

Da ich im Kindergarten Rumpelpumpel in Mödling drei Vormittagseinheiten Literaturvermittlung gestalten werde, wollte ich natürlich auch die Eltern von meinen Plänen informieren. Also habe ich die beiden Kindergärtnerinnen gebeten, mir am ersten Elternabend des neuen Arbeitsjahres ein wenig Zeit für eine Beschreibung des Projekts „Literaturvermittlung“ und „Family Literacy“ einzuräumen.

Die Eltern saßen alle im Kreis auf den niedrigen Kindergartensesseln im Gruppenraum. Ich habe meine Präsentation mit einem Stück Kuchen begonnen. Was hat ein Kuchen mit Kinderliteratur zu tun? Nun, ich habe einfach den Lieblingskuchen meiner eigenen, mittlerweile erwachsenen Kinder mitgebracht, dessen Rezept aus dem Buch Kasimir backt von Lars Klinting  (Oetinger, Hamburg 1997) stammt.

Es ist eines der Bücher aus der Serie über die beiden befreundeten Biber Kasimir und Frippe. Die Bücher gehörten lange Zeit zu unserer Lieblings-Vorlese-Literatur. Kasimir backt erzählt, wie die beiden Biber, der große Kasimir und der kleine Frippe, zu Kasimirs Geburtstag einen Kuchen backen. Die Bilder zeigen Szenen der Geschichte, zum Beispiel Kasimir und Frippe beim Mixen des Teigs oder wie die beiden vor dem Backrohr sitzen und zusehen, wie der Kuchen gebacken wird. Dazu gibt es einzelne Abbildungen von Gegenständen, die die beiden beim Backen benötigen: ein Mixer, eine Rührschüssel, die Eier, die Zuckerdose. …

Ich denke, dass meine Kinder mit den Kasimir-und-Frippe-Büchern insgesamt sehr positive Erinnerungen verbinden. Und das habe ich auch den Eltern im Kindergarten erzählt und ihnen ein paar Fakten zur Family Literacy vorgetragen. Besonders interessant gefunden habe ich,  dass laut einer englischen Studie die meisten Eltern der Meinung sind, dass Lesen sehr wichtig für Kinder ist. Wenn es dann aber dazu kommt, seine Kinder zum Lesen anzuhalten, also aktiv darauf Einfluss zu nehmen, dann sind die Zahlen wesentlich niedriger. Im Gegensatz dazu nehmen Eltern signifikant mehr Einfluss auf den TV-Konsum und den Computer-Konsum ihrer Kinder.

Im Anschluss an mein Referat habe ich den Kindergarten-Eltern noch ein paar Kinderbücher vorgestellt, die mir für das Kindergartenalter sehr geeignet erscheinen. Und zum Schluss gab es noch eine „Gute-Nacht-Geschichte“ für Eltern: Wölfchen von Gerda Wagener und Josef Wilkon. (Verlag Bohem, 2016).

Bei einem anschließenden kleinen Buffett blieb noch ein wenig Zeit, weiter über das Projekt „Literaturvermittlung“ zu reden . Eine Mutter kam schließlich auch auf mich zu und erzählte, dass ihr Sohn, der dreisprachig aufwächst, durch Kinderbücher sehr gut Deutsch gelernt hat.

Für mich war das Ziel dieses Elternabends nicht nur eine Information, dass ich den Kindern ein paar Bücher vorstellen werde. Ich hoffe, dass es mir auch gelungen ist, ein kleines „Pflänzchen“ zu setzen, das den Eltern die Bedeutung ihrer Rolle beim Erzählen und Vorlesen näher gebracht hat.

Ulli Bergsmann